Книго

     (1897)
     Печатный источник:
     Thomas Mann. Der Tod in Venedig. Leipzig, 1989
     , Spellcheck: Илья Франк
     

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     Die Amme hatte die Schuld. - Was half es, dass,  als der erste Verdacht
entstand, Frau Konsul Friedemann ihr ernstlich zuredete,  solches  Laster zu
unterdrXcken? Was half es, dass  sie ihr auXer dem nahrhaften Bier ein  Glas
Rotwein tXglich verabreichte? Es stellte sich plXtzlich  heraus, dass dieses
MXdchen  sich herbeilieX, auch noch den  Spiritus  zu trinken, der  fXr  den
Kochapparat  verwendet  werden  sollte,  und ehe Ersatz fXr sie eingetroffen
war,  ehe man sie hatte fortschicken  kXnnen, war das UnglXck geschehen. Als
die Mutter  und ihre  drei  halbwXchsigen  TXchter  eines  Tages  von  einem
Ausgange zurXckkehrten, lag der kleine, etwa einen  Monat alte Johannes, vom
Wickeltische  gestXrzt,  mit  einem  entsetzlich leisen  Wimmern  am  Boden,
wXhrend die Amme stumpfsinnig danebenstand.
     Der  Arzt,  der  mit  einer  behutsamen  Festigkeit  die  Glieder   des
gekrXmmten  und zuckenden  kleinen Wesens  prXfte,  machte  ein  sehr,  sehr
ernstes Gesicht, die drei TXchter standen schluchzend in  einem  Winkel, und
Frau  Friedemann  in ihrer Herzensangst betete laut. Die arme Frau  hatte es
noch vor  der  Geburt  des  Kindes  erleben  mXssen,  dass  ihr  Gatte,  der
niederlXndische Konsul, von einer ebenso plXtzlichen wie  heftigen Krankheit
dahingerafft wurde, und sie war noch zu gebrochen, um Xberhaupt der Hoffnung
fXhig zu sein, der kleine Johannes mXchte ihr erhalten bleiben. Allein  nach
zwei Tagen  erklXrte ihr  der Arzt mit einem  ermutigenden  HXndedruck, eine
unmittelbare  Gefahr sei schlechterdings  nicht mehr vorhanden, die  leichte
Gehirnaffektion,  vor allem,  sei  gXnzlich  behoben,  was  man schon an dem
Blicke sehen  kXnne, der durchaus nicht  mehr den stieren Ausdruck zeige wie
anfangs  ...  Freilich  mXsse man  abwarten, wie im  Xbrigen  sich die Sache
entwickeln werde, und das Beste hoffen, wie gesagt, das Beste hoffen ...
     Das graue  Giebelhaus, in  dem Johannes  Friedemann  aufwuchs,  lag  am
nXrdlichen Tore der alten, kaum mittelgroXen Handelsstadt. Durch die HaustXr
betrat man  eine gerXumige, mit Steinfliesen versehene Diele, von  der  eine
Treppe mit weiXgemaltem HolzgelXnder in die Etagen hinauffXhrte. Die Tapeten
des Wohnzimmers im ersten Stock zeigten verblichene Landschaften, und um den
schweren Mahagonitisch  mit der dunkelroten PlXschdecke standen steiflehnige
MXbel. Hier saX er oft in seiner Kindheit am Fenster,  vor dem stets  schXne
Blumen  prangten,  auf einem kleinen Schemel  zu den FXen seiner Mutter und
lauschte etwa, wXhrend  er ihren  glatten, grauen  Scheitel  und  ihr gutes,
sanftmXtiges  Gesicht betrachtete und den leisen  Duft atmete, der immer von
ihr  ausging, auf eine wundervolle Geschichte. Oder er lieX  sich vielleicht
das  Bild des Vaters zeigen, eines freundlichen Herrn mit grauem Backenbart.
Er befand sich im Himmel, sagte die Mutter, und erwartete dort sie alle.
     Hinter dem Hause war ein kleiner Garten, in dem man wXhrend des Sommers
einen guten Teil des Tages zuzubringen pflegte, trotz des sXlichen Dunstes,
der von einer  nahen Zuckerbrennerei  fast  immer  herXberwehte.  Ein alter,
knorriger  Walnussbaum  stand  dort, und in  seinem  Schatten saX der kleine
Johannes oft auf einem niedrigen Holzsessel und  knackte NXsse, wXhrend Frau
Friedemann und die drei  nun schon erwachsenen Schwestern in einem  Zelt aus
grauem Segeltuch beisammen waren. Dei Blick der Mutter aber hob sich oft von
ihrer   Handarbeit,   um  mit   wehmXtiger   Freundlichkeit   zu  dem  Kinde
hin